Wenn das Wetter auf das Gemüt schlägt - Was tun bei Winterdepression?

Interview mit Dr. med. Michaela Löbig

Je kürzer die Tage, desto dunkler wird für viele Menschen auch die Stimmung. Richtig fit fühlen sich im Winter wohl die wenigsten. Bei vielen lösen Herbst, Kälte und Dunkelheit Stimmungsschwankungen aus. Lichtmangel vertragen manche Menschen schlechter als andere. 

Dr. med. Michaela Löbig, Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Segeberger Kliniken, erklärt, woran das liegt und was gegen saisonale Depression und Winterblues hilft: 

Frau Dr. Löbig gibt es so etwas wie den Winterblues überhaupt? Beeinflussen Regen und graues Wetter unsere Psyche?

Dr. Löbig: „Ja, den sogenannten Winterblues gibt es tatsächlich. Lichtmangel und kürzere Tage haben messbare Auswirkungen auf unseren Hormonhaushalt, insbesondere auf die Produktion von Melatonin und Serotonin. Melatonin macht uns müde, während Serotonin als sogenanntes Glückshormon wirkt. Weniger Sonnenlicht bedeutet oft, dass mehr Melatonin und weniger Serotonin gebildet werden – das beeinflusst unsere Stimmung und Energie.“

Welche Symptome gibt es bei einer Winterdepression?

Dr. Löbig: „Typische Symptome einer Winterdepression sind anhaltende Müdigkeit, Antriebslosigkeit, ein erhöhtes Schlafbedürfnis und gesteigerter Appetit auf kohlenhydratreiche Nahrungsmittel. Manche fühlen sich auch gereizter oder haben Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu erledigen. Eine saisonale Depression kann sich bei manchen Betroffenen in Form von Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit äußern.“

Was hilft gegen eine Winterdepression?

Dr. Löbig: „Bewegung im Freien ist entscheidend, da selbst ein bewölkter Himmel oft noch genug Licht bietet, um die Produktion von Serotonin anzuregen. Regelmäßige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und ein geregelter Tagesablauf wirken ebenfalls positiv. Für Menschen, die stark unter dem Lichtmangel leiden, kann Lichttherapie hilfreich sein. Hierbei sitzen Betroffene morgens vor speziellen Tageslichtlampen, die die Lichtverhältnisse im Sommer simulieren.“

Wann sollte Hilfe gesucht werden?

Dr. Löbig: „Wenn die Symptome so stark sind, dass sie den Alltag erheblich beeinträchtigen, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch wenn Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Schlafprobleme und Appetitveränderungen über längere Zeit bestehen, ist es wichtig, sich Unterstützung zu holen.“

Wo können Betroffene in Bad Segeberg Hilfe finden?

Dr. Löbig: „In unserer Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie bieten wir ein umfassendes Behandlungsprogramm an. Wie bieten sowohl teilstationäre als auch stationäre psychotherapeutische Unterstützung. Betroffene können sichdirekt an uns wenden oder zunächst ein Gespräch mit ihrem Hausarzt suchen, um gemeinsam den nächsten Schritt zu planen.“

Gibt es langfristige Strategien, um dem Winterblues vorzubeugen?

Dr. Löbig: „Ja, es hilft, ganzjährig auf regelmäßige Bewegung und Tageslichtzufuhr zu achten. Auch Achtsamkeits- und Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können langfristig dazu beitragen, die emotionale Balance zu halten. Wer bereits Erfahrungen mit saisonalen Stimmungstiefs gemacht hat, kann im Herbst frühzeitig präventive Maßnahmen wie eine Lichttherapie beginnen.“

Wie steht es mit Vitamin D? Kann eine gezielte und ergänzende Versorgung helfen?

Dr. Löbig: „Vitamin-D-Mangel kann durchaus die Stimmung beeinflussen, insbesondere in den dunklen Wintermonaten. Bei starkem Mangel kann eine gezielte Supplementierung nach Rücksprache mit einem Arzt hilfreich sein. Es ist jedoch kein Allheilmittel – Licht und Aktivität sind ebenso wichtig.“

Was motiviert Sie persönlich, in der Psychosomatischen Medizin zu arbeiten, insbesondere bei Themen wie Winterdepression?

Dr. Löbig: „Ich empfinde es als unglaublich erfüllend, Menschen in schwierigen Lebensphasen zu unterstützen. Die Wintermonate können für viele eine herausfordernde Zeit sein, und es ist mir ein Anliegen, Betroffenen zu helfen. Wenn ich sehe, wie Patienten durch gezielte Therapien und Unterstützung Fortschritte machen und ihre Lebensqualität zurückgewinnen, erfüllt mich das mit großer Freude. Es ist wichtig, das Bewusstsein für psychische Gesundheit zu stärken und das Stigma abzubauen, das oft mit solchen Themen verbunden ist.“

Was tun Sie persönlich gegen den Winterblues?

Dr. Löbig: „Um dem Winterblues entgegenzuwirken, versuche ich, aktiv zu bleiben und die Zeit im Freien zu nutzen, sobald sich die Sonne zeigt, auch an kälteren Tagen. Ich gehe gerne spazieren. Außerdem achte ich darauf, mich gesund zu ernähren und ausreichend zu schlafen“. In der dunklen Jahreszeit liebe ich es mir mit Büchern eine Auszeit zu nehmen. Diese Aktivitäten bringen mir Freude und helfen mir, meine Gedanken zu sammeln und positive Energie zu tanken. Zudem setze ich auf regelmäßige Treffen mit Freunden, um soziale Kontakte zu pflegen – das ist besonders wichtig in den dunklen Monaten.“

In der Segeberger Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie werden Erkrankungen diagnostiziert und behandelt, bei denen seelische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Die Klinik liegt eingebettet in das Naherholungsgebiet Holsteinische Schweiz direkt am Großen Segeberger See.

Durch die Verbindung der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie insbesondere mit dem Herz- und Gefäßzentrum, dem Neurologischen Zentrum und der Allgemeinen Klinik entstehen hervorragende Voraussetzungen, auch Patienten mit körperlichen, insbesondere kardiologischen und neurologischen Erkrankungen, ein adäquates integriertes psychosomatisch–psychotherapeutisches Behandlungsangebot zu machen.